Radtour 2019 DeuLuxFra – 11. Tag

Von Nancy ging es recht geruhsam und unspektakulär den ganzen Tag dem Rhein-Marne-Kanal entlang, vermutlich an mehr Schleusen als Orten vorbei.

Do, 1.8.2019 (96 km und 420 Hm, gesamt 673 km und 2490 Hm)

Fahrrad Nancy – Niderviller

Mittagessen: PK 209, Lagarde

Abendessen: Au Thannenbaum, Niderviller

Übernachtung: Au Grenier Abondance, Niderviller (46 €)

Besichtigung: nichts

Höchsttemperatur: 27°

 

Am Morgen fuhr ich durch die Innenstadt und dort quer über die Place Stanislas zum Canal de la Marne au Rhin. Auf der stadtabgewandten Seite folgte ich dem Radweg. Nach dem Stadtgebiet war dieser auf der Radkarte von OpenStreetMap nur mehr strichliert eingezeichnet, er war aber durchgehend befahrbar, nur nicht auf der vollen Länge asphaltiert und beschildert.

Die Nebenflüsse des Rheins wie die Mosel sind auf Schiffe der Größenklasse Vb ausgelegt. Das heißt, die Schleusen sind für Schiffe bis zu einer Länge von 110 m, einer Breite von 11,4 m und einem Tiefgang von 3,5 m ausgelegt. Der Rhein-Marne-Kanal ist hingegen auf die Größenklasse I bzw. das Freycinetmaß ausgelegt, also auf eine maximale Länge von 38,5 m und eine Breite von ca. 5 m und einen Tiefgang von 2,6 m. Schiffe dieser Größenklasse werden in Frankreich Péniche genannt und sind heutzutage als Frachtschiffe nur mehr selten anzutreffen. Daher wird der Kanal fast nur mehr von (großteils gemieteten) Vergnügungsbooten genutzt. Ab und zu sieht man zu Ausflugsbooten oder Mini-Kreuzfahrtschiffen umgebaute Penichen, aber nur mehr äußerst selten Frachtschiffe dieser Größenordnung.

Im Gegensatz zum alten Main-Donau-Kanal bzw. Ludwigskanal, dem ich vor drei Jahren eine längere Strecke gefolgt bin, werden der Rhein-Marne-Kanal und die anderen französischen Kanäle dieser Klasse noch durchgehend gewartet und sind somit zur Gänze befahrbar. Die Schleusen sind aber nicht mehr besetzt sondern unterschiedlich automatisiert. Zum Teil muss man bei Annäherung an einem Seil ziehen, das einen Impuls zum Öffnen der Schleuse auslöst, zum Teil muss man beim Passieren eines Empfängers auf eine mitgeführte Fernsteuerung drücken. Für Funktionsstörungen gibt es anscheinend eine Notrufnummer, weil dann die Radfahrer dem auf dem Begleitweg daherbrausenden Servicefahrzeug der Kanalverwaltung Platz machen müssen.

Ich liebe Kanäle dieser Größe, weil man hier das Schleusen aus nächster Nähe beobachten kann, während man bei den Schleusen für größere Schiffe fast immer ausgesperrt ist.

Doch nun zurück vom Allgemeinen. Bald nach Nancy gab es ein erstes Highlight, nämlich die Überquerung einer Kanalbrücke. In diesem Fall querte der Kanal in einigen Metern Höhe die Meurthe, der ich vor Nancy ein Stück gefolgt war. Von dieser aus sah ich in einiger Entfernung eine erstaunlich große Kirche, die ich aber keinem bestimmten Ort zuordnen konnte.

Danach ging es durch Agrarflächen sowie an Salinen und großen chemischen Fabriken vorbei. Bei Dombasle-sur-Meurthe wechselte der Radweg auf die südliche Seite, was sehr angenehm war, weil ich dann oft im Schatten der den Kanal begleitenden Bäume fahren konnte. Die Strecke ist sehr entspannend und kontemplativ, aber es gibt wenig darüber zu berichten.

In Lagarde sah ich am Yachthafen das erste Restaurant seit Langem und setzte mich sofort auf die schattige Terrasse. Ein Schild besagte, dass es aus Strukturförderungsmitteln der EU gefördert worden ist. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Radtourismus mit dem Ausbau der Begleitwege in diesen abgelegenen, strukturschwachen Regionen wichtige Impulse setzen kann, weil doch öfter als bei den Bootsurlaubern Übernachtungen und Gasthausbesuche nachgefragt werden dürften.

Bei Réchicourt ging es neben der Grande Écluse, also der großen Schleuse etliche Höhenmeter hinauf. Ihre Hubhöhe beträgt mehr als 15 Meter, das ist die höchste von allen französischen Kanälen dieser Klasse. Bald danach führte der Kanal zwischen eingedämmten Seen hindurch. Diese gehören an der Wasserscheide zwischen Mosel und Rhein zur sogenannten Scheitelhaltung, das sind Reservoirs, aus denen das durch die Schleusungen nach unten verlorene Wasser ergänzen können. So kann der nötige Wasserstand im Kanal gewährleistet werden.

Ich hatte in Niderviller, einem kleinen Ort in der Nähe der Stadt Sarrebourg (vulgo Saarburg) über booking.com ein Zimmer reserviert. Da mein Bargeld am Ausgehen war und ich in drei oder vier kleinen Orten keine Bankomaten gefunden hatte, musste ich den Kanal verlassen und die Stadt Sarrebourg ansteuern. Dies erwies sich als Fehler, weil mich zuerst die Radwegbeschilderung sinnlos um einen Badeteich lotste, wo ich sie verlor. Daher folgte ich dann den Schildern für die Autos kreuz und quer durch hügelige Stadtrandgebiete, bis ich endlich im Zentrum landete. Ärgerlich! Wäre ich statt den Radwegeschildern weiter der Eisenbahnlinie gefolgt, hätte ich mir einige Kilometer Umweg erspart. Auf jeden Fall bekam ich in der Stadt aber das dringend benötigte Geld.

Zum Zielort folgte ich jedenfalls den Straßenwegweisern, so kam ich ohne weitere Umwege nach Niderviller. Meine Unterkunft war eine Privatzimmervermietung. und mein Zimmer lag in einem ausgebauten Dachboden mit offenem Dachgebälk – äußerst fesch! Die Vermieterin war eine sympathische Frau um die 50 bis 55 Jahre, die sehr gut Deutsch spricht. Sie hatte es noch von ihren Eltern und Großeltern gelernt, da diese Gegend früher überwiegend deutschsprachig war, was sich inzwischen geändert hat. Sie empfahl mir eines der drei Lokale im Ort, in dem ich recht gut aß.

Nun geht es den Marne-Rhein-Kanal entlang

Auch in Frankreich muss alles genau geregelt sein.

Fischreiher als Schleusenwächter

Kanalbrücke über die Meurthe

Schleusen-Fernbedienung

Pausenbank

Grande Écluse de Réchicourt

Blick in die Schleusenkammer

Scheitelwasserhaltung auf der Wasserscheide

Kleine Libelle

Meine Dachkammer für die Nacht

 

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