Radtour 2019 DeuLuxFra – 8. Tag

Am Vormittag suchte und fand ich einen sehr guten Arzt, der meine Hand behandelte. Danach strampelte ich zum ersten Ort in Luxemburg und von dort mit dem Zug weiter in die Hauptstadt des Großherzogtums. Danach erfroschte ich die Innenstadt zu Fuß und ein großes Neubauviertel mit öffentlichen Einrichtungen und Großbanken mit Bus und Tram.

Mo, 29.7.2019 (29 km und 50 Hm, gesamt 417 km und 1250 Hm)

Fahrrad Trier, Trier – Wasserbillig, Luxemburg

Zug Wasserbillig – Luxemburg

Mittagessen: Bäckerei neben Bahnhof, Luxemburg

Abendessen: La Boucherie, Luxemburg

Übernachtung: Hotel Carlton (90 €)

Besichtigung: Innenstadt von Luxembourg, Kathedrale von Notre Dame, Tram und Standseilbahn

Höchsttemperatur: 25°

 

Am Morgen nach dem Frühstück bezahlte ich mein Zimmer an der Rezeption und erwähnte nebenbei, dass ich das Zimmer erst später verlassen werde, weil ich davor noch einen Arztbesuch machen will. Er empfahl mir, zur Notaufnahme des nahegelegenen Krankenhauses der barmherzigen Brüder gehen solle, wo ich sicher schneller drankommen würde. Außerdem sei es ja wegen der Schmerzen ein Notfall, was ich eher bezweifelte.

Also ging ich den Häuserblock zum Krankenhaus hinüber und versuchte dort, mein Problem so notfallmäßig wie möglich darzustellen, womit ich wenig Erfolg hatte. Erstens müsse ein Notfall mit einer Verletzung verbunden sein und selbst wenn, würde die Abklärung mehrere Stunden in Anspruch nehmen.

Also radelte ich zur Ordination der ersten Wahl meiner Arztsuche vom Vortag, einem Dr. Wolfram Ortlieb, Privatarzt für Orthopädie und Sportmedizin. Die Vorzimmerdame erklärte mir, dass ihr Chef Privatarzt erst um neun Uhr zu ordinieren beginne, einen engen Terminkalender habe und auch in der Mittagspause, wo er mich eventuell einschieben könnte, bereits vergeben sei. Sie empfahl mir, es bei einer Gemeinschaftspraxis für Orthopädie in einem nahegelegenen Einkaufszentrum zu probieren, deren Ordination bereits früher begonnen hätte. Bei der dortigen Aufnahme hörte ich dieselben Argumente wie im Krankenhaus, sie nähmen kurzfristig nur Akutfälle und selbst wenn, würde es Stunden dauern.

Also beschloss ich, einen zweiten Versuch beim Privatarzt zu starten und im Fall des Scheiterns weiter zu radeln und den Zustand meiner Hand weiter zu beobachten. Die dortige Empfangsdame war erstaunt, mich wieder zu sehen, ließ sich aber zum Glück auf ein Gespräch ein. Ich erklärte ihr, dass es bei meiner Krankenkasse keine Vertragsärzte gebe, sondern ich bei jeder Behandlung eine Rechnung einreichen müsse. Außerdem ginge es mir vor allem um eine ärztliche Meinung, ob ich meine Radtour fortsetzen könne oder besser abbrechen solle. Sie erklärte sich dazu bereit, den Herrn Dokor bei seiner Ankunft zu fragen, ob er mich einschieben könne.

Zum Glück konnte er, und nun hieß es verständlicherweise einige Zeit zu warten. Der mir sehr sympathische Arzt fragte mich systematisch nach den Symptomen und meinem Rad aus. Er erklärte mir, dass es sich um ein Karpaltunnelsyndrom handle und beschrieb mir dieses sehr genau. Er riet mir, an meinem Lenker entweder Hörner oder Griffe mit einer Auflagefläche montieren zu lassen. Als ich schon dachte, dass dies das Ende der Konsultation gewesen sei, bat er mich auf eine Liege im Nachbarraum. Dort drückte, drehte er an meiner schmerzenden Hand herum und sagte nach recht kurzer Zeit, dass nun der Auslöser der Schmerzen beseitigt sei. Nun müsse nur noch das Symptom behandelt werden, nämlich eine Entzündung, gegen die er mit ein paar entzündungshemmende Tabletten aus seinem Fundus mitgab. Ich war richtig perplex, denn mit einem so positiven Ausgang des Arztbesuchs hatte ich nicht gerechnet. Ein dickes Lob für und einen herzlichen Dank an Dr. Ortlieb!

So konnte ich etwa in der Mitte des Vormittags meine Radtour fortsetzen, Tagesziel war Luxemburg. Ich fuhr zuerst in Fahrtrichtung linksufrig bis zur Mündung der Saar in die Mosel im Gemeindegebiet von Konz. Einige Kilometer weiter beginnt auf dem in Fahrtrichtung rechten Ufer mit dem Ort Wasserbillig das Staatsgebiet von Luxemburg. Dort gäbe es laut Bikeline-Führer eine Fähre von Oberbillig in Deutschland nach Wasserbillig. Ich aber nicht sicher, ob diese Angabe noch aktuell ist. Daher fuhr ich ein paar hundert Meter zurück und wechselte auf einer kombinierten Eisenbahn-Radweg-Brücke das Ufer.

Bereits zuhause hatte ich auf OpenStreetMap gesehen, dass zwischen Wasserbillig und Luxemburg Stadt ein recht hügeliges Gelände vorherrscht und die Radwegführungen auf der Karte recht verwirrend wirken. Daher hatte ich schon damals mit dem Gedanken gespielt, diese Strecke mit der Bahn zurückzulegen. Die schmerzende Hand war ein weiteres Argument pro Bahn. Dennoch beschloss ich, zuerst einmal zu schauen, ob ich in Wasserbillig eine Radwegbeschilderung nach Luxemburg finden könne. Da dies nicht der Fall war, nahm ich um die Mittagszeit den nächsten Zug nach Luxemburg. Ich ging zu dem im Gegensatz zu deutschen Bahnhöfen dieser Größenordnung vorhandenen Schalter, um einen Fahrschein für mich und das Rad zu kaufen. Als ich den Preis hörte, traute ich kaum meinen Ohren. Das Fahrrad sei in Luxemburg generell gratis und für mich koste es zwei Euros. Später erfuhr ich, dass ganz Luxemburg einen Verkehrsverbund bildet. Und in diesem gibt es die günstigste Karte für zwei Stunden im gesamten Verbundgebiet um eben zwei Euro. Eine Fahrt mit der Straßenbahn in der Hauptstadt kostet somit gleich viel wie meine fünfzigminütige Fahrt mit der Eisenbahn. Von Trier hätte ich übrigens für eine 15 Kilometer längere Strecke 19,60 Euro bezahlt und eventuell noch eine internationale Fahrradkarte um zehn Euro benötigt. Nebenbei: Die Fähre Oberbillig – Wasserbillig wäre in Betrieb gewesen.

Das Großherzogtum Luxemburg hat eine sehr wechselvolle Geschichte und ist seit 1867 ein souveräner und unabhängiger Staat. Staatsform ist eine parlamentarische Monarchie, die Krone ist innerhalb der Familie Nassau erblich. Seine Fläche entspricht mit knapp 2.600 km² etwa jener des österreichischen Bundeslandes Vorarlberg. Das Land hat etwa 620.000 Einwohner, von denen knapp 50 % Ausländer sind. Das kleine Land hat drei Amtssprachen, Deutsch, Französisch und das zumeist nur mündlich verwendete Letzebürgisch, eine westmitteldeutsche Sprachvarietät. Die Wirtschaft ist sehr stark dienstleistungsorientiert mit den Schwerpunkten Finanzwesen und internationale Institutionen.

Nach der Ankunft in Luxemburg Stadt suchte ich nach einem schnellen Mittagessen die örtliche Touristeninformation. Die Orientierung ist zur Zeit sehr schwierig, da eine lange Straßenbahnbaustelle praktisch die ganze Innenstadt durchzieht und Radwege häufig im Nichts enden. Zufälligerweise erspähte ich einen Wegweiser für Fußgänger zur City Tourist Office. Ich wandte mich deshalb an sie, weil das Angebot auf Booking recht spärlich war und ich in dieser chaotischen Stadt möglichst wenig mit dem Fahrrad herumkurven wollte. Zuerst wollte mir die Dame am Schalter ausgesprochen teure Unterkünfte vermitteln und schickte mich dann zu einem verdächtig billigen Zimmer über einer Pizzeria im nächsten Bahnhofsumfeld. Dort gab es keine sichere Unterbringungsmöglichkeit für mein Fahrrad, weshalb ich höflich ablehnte.

Aber genau gegenüber war eines der mittelpreisigen Hotels von Booking, wo ich ein recht großes Einzelbettzimmer bekam. Mit dem äußerst amüsanten älteren Rezeptionisten Gianni hatte ich köstliche Unterhaltungen. Er erzählte mir, dass er bereits seit 53 Jahren jedes Jahr aus seiner Heimat Udine hierher zum Arbeiten kommt. Das Fahrrad konnte ich in einer Tiefgarage einstellen, was im Bahnhofsviertel wichtig war, in dem auffällig viele Bettler, Betrunkene und offensichtlich Rauschgiftsüchtige herumlungerten.

Ich ging wieder in das Stadtzentrum, welches übrigens mit den zahlreichen Befestigungsanlagen zum UNESCO-Welterbe zählt. Die Altstadt ist auf drei Seiten von tief eingeschnittenen Tälern umgeben, die von mehreren hohen Brücken überspannt werden. Der Kreis wird durch ein Glacis mit mehreren Forts geschlossen – die Stadt konnte in früheren Zeiten sicher perfekt verteidigt werden. Ich schaute mir die schöne gotische Kathedrale Notre Dame von innen an und den nahe gelegenen Großherzöglichen Palast im Renaissancestil von außen. Befestigungsanlagen faszinieren mich zwar und hier gäbe es mehrere Besichtigungsmöglichkeiten, aber an diesem Tag hatte ich keine Lust dazu.

So kaufte ich mir ein weiteres Zwei-Stunden-Ticket für die Öffis und fuhr mit dem Bus zur derzeitigen Endhaltestelle der erst Ende 2017 eröffneten Straßenbahnlinie, deren Verlängerung das Chaos in der Stadt hervorruft. Mit ihr fuhr ich weiter auf das Kirchberg-Plateau, ein riesiges Neubau- und Baustellenviertel mit mehreren Einrichtungen der Europäischen Union, weiteren internationalen und nationalen Einrichtungen, Universität, internationaler Schule, Messegelände und mehreren Großbanken. Ein fast menschenleeres Viertel, da die Gebäude zum Teil noch nicht fertiggestellt sind und der Rest offensichtlich für die Urlaubszeit mehr oder weniger verlassen ist.

Ein Unikum ist am Beginn des Plateaus zu finden, nämlich zwei parallele Standseilbahnen Kirchberg – Pfaffenthal, die den Höhenunterschied zwischen dem Plateau und einem im Tal liegenden Vorortebahnhof mit einer vermutlich hohen Transportkapazität verbinden.

Nach der Rückkehr in die Innenstadt begab ich mich auf die Suche nach einem Abendessen, da der Hunger bereits sehr groß war. Das Preisniveau der Gastronomie erinnerte mich sehr an Norwegen im letzten Jahr: Für Pizze und Burger bezahlt man um die 20 Euro, für Fleischspeisen steigen die Preise in Richtung 30 Euro oder gar darüber. Trotzdem gönnte ich mir einen ordentlichen Mixed Grill mit Pommes Frites, um meinen Kalorienbedarf für das Radeln zu decken.

Alter Lastenkran am Moselufer in Trier

Wegweiser für Radler

Erster Blick auf Wasserbillig in Luxemburg

Mit dem Rad über die Staatsgrenze

Nein, sie haben keine Fische gefangen.

Fähre von Wasserbillig (L) nach Oberbillig (D)

Warten auf den Zug Nach Luxemburg

50 Minuten Zugafhrt für das Rad und mich um 2 € (in Worten: Zwei Euro)!

Gare Centrale Luxembourg – Luxemburg Hauptbahnhof (So leer ist’s nicht immer)

Blick zurück von der Brücke zur Innenstadt

Cathédrale Notre Dame de Luxembourg

Großherzoglicher Palast Luxemburg

Fassadendetail des Palastes

Kathedrale links und Fort Boubon rechts

Neubauviertel Kirchbergplateau

Mit der Standseilbahn von der Straßenbahn zur Eisenbahn im Tal

Auch de Luxemburger können nicht ohne Smartphone leben

Bahnstation Pfaffenthal

Vermutlich die einzige doppelte Standseilbahn der Welt

Oben wartet die Straßenbahn

Innen sind die Trams schön bunt

Der europäische Rechnungshof dürfte das am besten gesicherte Gebäude von Luxemburg sein.

Straßenbahnhaltestelle Europaparlament

Infos für die Straßenbahnverlängerung zum Hauptbahnhof

Stadtteil Grund im Tal der Alzette

Blick Richtung Bahnhof mit Chapelle Saint-Quirin ganz unten

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