Radtour 2019 DeuLuxFra – 9. Tag

Von Luxemburg Stadt radelte ich zuerst nach Süden zur Französichen Grenze und folgte dieser bis zur Mosel. Bei Schengen musste ich ein paar hundert Meter Deutschland durchqueren, um nach Frankreich zu kommen, wo ich die Mosel bis Thionville entlangradelte. Von dort nach Metz nahm ich den Zug. In Metz traf ich mit der dortigen gotischen Kathedrale unerwartet auf eines der Highlights der Reise.

Di, 30.7.2019 (75 km und 470 Hm, gesamt 492 km und 1720 Hm)

Fahrrad Luxemburg – Thionville, Metz

Zug Thionville – Metz

Mittagessen: Le Bar Bac, Moselufer bei Cattenom

Abendessen: L‘Enfin, Metz

Übernachtung: Hotel Campanile, Metz (84 €)

Besichtigung: Innenstadt, Kathedrale und Marché Couvert (Markthalle) von Metz

Höchsttemperatur: 25°

 

Am Morgen schluckte ich brav meine zweite entzündungshemmende Kapsel und registrierte erfreut eine deutliche Verbesserung des Zustands meiner linken Hand. Nach dem Frühstück, bei dem Gianni schon wieder voll aktiv war, machte ich mich auf den Weg.

OpenStreetMap zeigte wieder wie bereits vor Luxemburg Stadt eine größere Zahl von Radwegen, die in meiner Richtung aber alles andere als den kürzesten Weg nehmen. Daher hatte ich mich entschlossen, in der Stadt noch ein Stück den Wegweisern für Radfahrern zu folgen und dann auf der Nationalstraße bis zur französischen Grenze weiterzufahren.

Zuerst querte ich einmal auf einer Überführung das in Umbau begriffene Bahnhofsareal, dann folgte ich ein Stück einem Radweg, den ich bald verlor. Also begab ich mich mit Hilfe einer Handy-App mit Offline-Karten zur Nationalstraße in Richtung Süden. Auf dieser war der Verkehr dank einer fast parallelen Autobahn nicht besonders stark, was insoferne erfreulich war, als es nur auf sehr kurzen Strecken Radfahrstreifen gab. Mühsam war das wellige Gelände mit einer Abfolge von leichten Steigungen und entsprechenden Abfahrten. Aber die Steigungen fühlten sich wegen eines zunehmenden Gegenwinds steiler an als sie sind.

In Evrange, dem ersten Ort hinter der luxemburgisch-französischen Grenze, biege ich in eine schmale Straße nach Preisch. Diese führt etwa parallel zur Grenze Richtung Osten, durch den Wegfall des Gegenwinds fühlten sich die Steigungen im nach wie vor kupierten Gelände erträglicher an. In Mondorff erreichte ich wieder die Grenze, die hier durch das Ortsgebiet verläuft. Der luxemburgische Schwesterort heißt Monsdorf-les-Bains, wo ich mich wieder etwas verfuhr und im Kurpark landete.

Dann ging es auf der luxemburgischen Seite die Grenze entlang, immer den Schildern nach Schengen folgend. Am Ende ging es noch eine flotte Abfahrt in den kleinen Ort hinunter, in dem ich wieder auf die Mosel traf. Das erste der nach diesem Ort benannten Abkommen zur Abschaffung der stationären Grenzkontrollen an den Binnengrenzen der EU wurde hier unterzeichnet, wo die drei Länder Luxemburg, Deutschland und Frankreich aneinander stoßen und ein Dreiländereck bilden. Naja, zumindest so ungefähr. Genau genommen ist die Mosel zwischen Luxemburg und Rheinland-Pfalz ein gemeinsam verwaltetes Gebiet, während zwischen Luxemburg und Frankreich die Flussmitte die Grenze bildet. Nebenbei: Ähnliche rechtliche Konstruktionen gibt es im Obersee des Bodensees zwischen Deutschland, Österreich und der Schweiz sowie im Bereich des Dollarts und der friesischen Inseln zwischen den Niederlanden und Deutschland. So überquerte ich innerhalb eines knappen Kilometers genaugenommen drei Grenzen: Am westlichen Brückenkopf bei Schengen von Luxemburg in das gemeinsam verwaltete Gebiet, am östlichen Ende der Brücke vom gemeinsam verwalteten Gebiet nach Deutschland und ein paar hundert Meter weiter von Deutschland nach Frankreich.

Direkt nach der letzten Grenze ging es scharf nach rechts und zur Mosel bzw. jetzt Moselle hinunter, von wo der Mosel-Radweg den Windungen des Flusses entlangführte, wobei er zweimal die Seite wechselte. Da es großteils wieder Richtung Süden ging, schlug der Gegenwind wieder zu, und zwar noch wesentlich stärker als am Morgen in Luxemburg. In Höhe des Ortes Cattenom machte ich in einem allein am Ufer stehenden, sehr gut besuchten Gasthaus Mittagspause. Die Qualität des Plat du jour erklärte wie erwartet die vielen Gäste.

Auch hier hatte ich mir bereits vor der Reise überlegt, die ca. 35 Kilometer bis zum Tagesziel Metz den Zug zu nehmen, da es hier nur durch Flachland mit viel Industrie geht. Der Gegenwind bekräftigte diese Entscheidung.

Nach einer halben Stunde Bahnfahrt nahm ich ein Zimmer in einem nagelneuen Hotel direkt am Hinterausgang einer der beiden Fußgängerunterführungen unter den Bahnhofsgleisen durch. Hier wurde und wird offensichtlich auf einem nicht mehr für andere Zwecke benötigten Areal eine Stadterweiterung realisiert. So liegt das Hotel neben dem fast fertiggestellten Sitz der 2014 eingerichteten Metropolitanregion Metz und einem neuen Kongresszentrum, hinter dem sich wiederum eine Außenstelle des Pariser Centre Pompidou befindet.

Metz wird auf Französisch übrigens wie Mess ausgesprochen, mit einem kurzen E und (im Gegensatz zum englischen Wort für Unordnung) einem weichen, stimmhaften S. Es war bis 2016 Verwaltungssitz der französischen Region Lorraine, Hauptstadt des früheren Herzogtums Lothringen war jedoch Nancy.

Lothringen war mit großen Vorkommen von Eisen, Steinkohle und Salz gemeinsam mit dem Saarland und dem südlichsten Luxemburg ein Zentrum des Bergbaus, der Schwerindustrie und der chemischen Industrie. Außerdem war und ist es eine wichtige Kornkammer – so hat Metz den größten Hafen Frankreichs für die Verschiffung von Getreide. Wegen der wirtschaftlichen Bedeutung und seiner Lage im Grenzbereich von Frankreich und Deutschland wechselte dieser Bereich einschließlich des Elsass mehrfach zwischen Deutschland, Frankreich und teilweise Selbständigkeit.

Aufgrund der zunehmenden internationalen Konkurrenz ist hier die Bedeutung der Schwerindustrie in den letzten fünfzig Jahren gegen null gesunken. Folgen dieser Entwicklung waren und sind zum Teil noch immer Industriebrachen, negative Auswirkungen auf andere Wirtschaftsbereiche, Arbeitslosigkeit und Bevölkerungsrückgang. Die Nationalstaaten und die Europäische Union bemühen sich, diesem großen Problem durch Fördermittel und dem Setzen von Impulsen zu begegnen, damit der nötige Strukturwandel erzielt werden kann.

Nach dem Einchecken und Frischmachen radelte ich in das Stadtzentrum auf eine Besichtigungsrunde. Gleich zu Beginn landete ich auf einem länglichen Platz, der Place Saint-Louis, deren eine Seite mit einem durchgehenden Laubengang und Blendfassaden vor den Dächern sehr an die Inn-Salzach-Städte erinnert.

Weiter ging es durch die Innenstadt zur gotischen Kathedrale Saint Étienne, die von außen sehr schön und beeindruckend wirkt. Beim Betreten des Kirchenschiffs klappte mir aber regelrecht das Unterkiefer herunter. So ein hohes Kirchenschiff hatte ich noch nie gesehen – und noch nie von dieser Kathedrale gehört! Ein Blick in Wikipedia bestätigte diesen Eindruck. Der Dom von Metz hat mit über 41 m Gewölbehöhe nach den Kathedralen von Amiens und Beauvais das dritthöchste Kirchenschiff, und in den beiden anderen bin ich noch nie gewesen. Dazu kommen als weiteres Superlativ für gotische Kirchen in Frankreich bemalte Glasfenster mit einer Gesamtfläche von 6.500 m². Einfach ein Hammer und sehr zu empfehlen!

Danach ließ ich mich noch durch die benachbarte U-förmige Markthalle treiben. Schade, dass ich mit dem Fahrrad keine der angebotenen Köstlichkeiten mitnehmen konnte. Der Weg zurück zum abgestellten Rad führte mich durch verschiedene Altstadtgassen, in denen die angesprochene Strukturschwäche nicht zu übersehen war: Immer wieder bröckelnde Fassaden, leerstehende Geschäfte sowie Häuser und Wohnungen, die zum Verkauf oder zur Vermietung angeboten wurden.

Am Abend ging ich zum Essen noch einmal zu Fuß in das Zentrum, wo ich in der Nähe des Doms auf die Place Saint-Jacques stieß, die fast zur Gänze mit Gastgärten ausgefüllt war und auch ich ein geeignetes Lokal fand.

Lothringen gilt nicht umsonst als eine der Kornkammern Europas

Von Mondorff (F) nach Mondorf-les-Bains (L)

Eine kleine Sprachprobe des Letzeburgischen

Wegweiser in Schengen

Bookcrossing international

Einer der ersten Orte in Frankreich

Jedes Land hat seine Beschilderung

Ein Relikt der Maginot-Linie

Von Thionville nach Metz bin ich mit dem Zug gefahren, aber nicht mit diesem TGV

Die (Sprach-)Geschichte lebt

Centre Pompidou, Außenstelle Metz

Könnte eine Inn-Salzach-Stadt sein, ist aber Metz, Place Saint-Louis

Die Stadtjugend sammelt sich unter den Lauben

Kathedrale von Metz

Das dritthöchste Kirchenschiff aller gotischen Kathedralen Frankreichs

Neben der Kathedrale die Markthalle

Mr. Trump geht unter

Straßenszenen in der Altstadt

Der etwas eigenwillige Hauptbahnhof

Busway statt Tramway in Metz

 

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