Skandinavienreise 2018 – Tag 5 (9. August 2018)

Der fünfte Tag war großteils der Fahrt mit der Bergenbahn quer durch Norwegen in die zweitgrößte Stadt Bergen gewidmet.

Am Vormittag holte ich bei einem Spaziergang durch die Innenstadt noch ein paar Fotos nach, während Elena im Hotelzimmer weiter in ihrem Buch las. Danach spielten wir noch eine Runde Karten, ehe wir zum Bahnhof aufbrachen. Dort versorgten wir uns für die Zugfahrt, danach kaufte ich am Automaten eine Karte für den norwegischen Teil der Fahrt von Trondheim nach Stockholm.

Vor der Abfahrt in Oslo noch die zusammengefassten Eindrücke von dieser Stadt:

  • Die Stadt ist schön am nördlichen Ende des Oslofjords gelegen. Sie hat ca. 700.000 Einwohner, im Großraum Oslo leben ca. 1,5 Mio. Menschen. Das Zentrum ist sehr kompakt, von einem zentral gelegenen Hotel sind die meisten Sehenswürdigkeiten zu Fuß erreichbar.
  • Es gibt viele schöne Gebäude im Zentrum und in den wohlhabenderen Vierteln westlich davon, aber auch etliche Bausünden, die weh tun, vor allem um den Bahnhof. Aktuell werden die Bereiche an den Ufern der beiden Buchten bei der Oper und beim Rathaus weitgehend umgestaltet, häufig mit einer gesamthaften Planung und hochwertiger Architektur. Die Uferbereiche werden zugänglich gemacht und mit Promenaden für Fußgänger und Radfahrer sowie mit öffentlichen Badestellen versehen. Viele kulturelle Einrichtungen erhalten neue Bauten entlang der Ufer, so die Oper, das Nationalmuseum, das Astrup Fearnley Museum, das neue Munch-Museum  oder eine zentrale Stadtbibliothek.
  • Herausragende Sehenswürdigkeiten gibt es in Oslo weniger, dafür aber viele nicht ganz so spektakuläre, aber interessante Einrichtungen die eher ungewöhnliche Themen abdecken, wie z.B. das Skimuseum am Hollenkollen oder das Polarschiff Fram. Wenn man mehrere Museen besuchen will, kann der Oslo Pass Geld sparen helfen.
  • Die Innenstadtbereiche sind weitgehend verkehrsarm gemacht, was Fußgängern und Radfahrern ein stressfreies Fortkommen ermöglicht. Der öffentliche Verkehr mit Eisenbahnstrecken, der T-Bane (Metro), Straßenbahnen und Bussen ist gut organisiert, Straßenbahnen und Busse stecken kaum einmal in einem Stau. Alle Verkehrsmittel einschließlich der innerstädtischen Fähren können mit den Fahrkarten des Verkehrsverbundes Ruter benützt werden.
  • Die Menschen sind größtenteils freundlich und entspannt, ein sehr missgelaunter Busfahrer hat uns aber gezeigt, dass es auch anders gehen kann. Sitzen sie aber im Auto, können sie ungeduldig und aggressiv werden, was den positiven Vorurteilen betreffend Skandinavier widerspricht. Wir waren erstaunt, dass in Oslo sehr viel gehupt wird. Rote Ampeln existieren für Fußgänger und Radfahrer praktisch gar nicht, aber auch manche Autofahrer ignorieren sie. Einmal habe ich als Extrem einen Paketfahrer gesehen, der bei Gegenverkehr am Gehsteig gegen die Einbahn gefahren ist. Elena ist aufgefallen, dass die Norweger und Norwegerinnen sehr stylish gekleidet sind, was ihr auch schon bei einem Dänemarkbesuch bei der dortigen Bevölkerung aufgefallen ist.
  • Für mich waren die Highlights des Aufenthalts das Fram-Museum und der Ausblick vom Holmenkollen. Bedauert habe ich, dass wir es wegen des Wetters am Ende des Aufenthalts nicht geschafft haben, einer der Inseln im Fjord einen Besuch abzustatten. Elena hat der Holmenkollen am meisten beeindruckt, gefolgt vom Nobel-Friedenszentrum, das Parlament war für sie das schönste Gebäude.

Pünktlich auf die Minute fuhr der lange Zug der Bergenbahn am Osloer Hauptbahnhof ab. Wir hatten Glück gehabt, dass dies möglich war. Etwa ein Monat vor der Reise habe ich einmal an einem Wochenende nachgeschaut, wie die Buchungslage an diesem Tag, der durch die reservierten Übernachtungen vorgegeben war, eigentlich ist. Drei Züge fahren am Tag, einer am Morgen, einer zu Mittag und einer durch die Nacht. Beim Morgenzug stand bereits „Sold out“, beim Mittagszug waren offensichtlich noch Plätze frei. Also ging ich in die Sitzplatzreservierung und sah, dass im ganzen Zug nur mehr sechs Plätze frei waren, von denen außer zwei alles einzelne verstreute Plätze waren. Also habe ich auf der Stelle die Tickets gekauft und die Sitzplatzreservierung tatsächlich vorgenommen. Im Zug sagte der Schaffner am Beginn der Fahrt, dass der Zug komplett ausverkauft sei und daher kein Gepäck auf leere Plätze gestellt werden soll. Das war knapp!

In den Vororten von Oslo geht die Strecke mehrmals durch längere Tunnels. Einfamilienhäuser mit eingestreuten Nestern von Wohnblöcken säumten die Strecke. Etwa ab Hokksund wird die Gegend ländlicher. Statt nach Südwesten und dann nach Westen geht es ab dort nach Norden und Nordwesten. Laubwälder und Mischwälder weichen bald Nadelwäldern, es ähnelt Tirol. Ab Nesbyen sind im Zug und auf den Bahnhöfen bei den Namen die Seehöhen angeschrieben. Ab Gol merkt man deutlich, dass die Strecke steiler wird, außerdem wendet sie sich nach Westen. Die eiszeitlichen Gletscherschliffe kommen dem Talboden immer näher.

Der Ort Geilo auf ca. 800 m Seehöhe hat ein größeres Skigebiet. Etwa ab dort dominieren in Talnähe die Sommerhäuschen, von denen angeblich fast jede norwegische Familie eines ihr Eigen nennen soll. Der Zug hält in eher knappen Abständen, an jeder Station steigen zahlreiche Personen – überwiegend Norweger – mit großen Rucksäcken aus. Bald danach tauchen auf den Berghängen immer öfter kleinere und auch größere Schneeflecken auf. In Finse ist mit 1.222 m der höchstgelegene Bahnhof der Strecke erreicht. In diesem Bereich sieht man sogar drei Zungen des Hardangerjøkullen – also Hardangergletschers. Diese reichen bis auf ca. 1.400 m herunter, also fast auf das Niveau der Eisenbahnstrecke.

Gleich nach Finse verschwindet der Zug in einem langen, relativ neuen Tunnel, in dessen Bereich die alte Bahnlinie noch um etwa 100 m höher hinaufführte als heute in Finse. In diesem hohen Abschnitt ist die Strecke außerdem oft in Bretterverschläge eingehaust, um dort im Winter Schneeverwehungen zu vermeiden.

Bald kommt der Bahnhof Myrdal, an dem die Flåmbahn nach Flåm am Aurlandfjord abzweigt. Viele sagen, sie soll eine der absolut schönsten Bahnstrecken Europas sein. Danach geht es recht steil in die Tiefe und erreicht bei Voss schon fast wieder Meereshöhe. Elena wird nun langweilig, und so spielen wir Uno, damit die Zeit schneller vergeht. Dabei wäre die Landschaft mit Seen und Fjorden recht attraktiv.

Pünktlich um 18:55 Uhr erreichen wir Bergen, die Endstation dieser Bahnlinie und unser Tagesziel. Unsere Unterkunft, das Grand Hotel Terminus, liegt direkt neben dem Bahnhof und ist ein stattlicher Bau aus dem Jahr 1928.

Nach dem Einchecken gingen wir bald in Richtung des Hafenbeckens Vågen, der etwa eine Viertelstunde vom Bahnhof entfernt ist. Dort stießen wir genau auf den Fischmarkt, auf dem in den Ständen auch warme Gerichte angeboten werden. Wir nahmen beide eine Paella, die ausgezeichnet schmeckte und mit ca. 19 Euro für norwegische Verhältnisse zu einem Kampfpreis angeboten wurde.

Danach schlenderten wir bei einer schönen Sonnenuntergangsstimmung entlang des Hafens und des Hanseviertels Bryggen bis zur mittelalterlichen Håkonshalle und von dort wieder zurück ins Hotel.

Landschaft im ersten Viertel der Strecke

See bei Ål

Steigung von Ål nach Geilo

Bauernhöfe vor Geilo

Bergenbahn – Blick auf Gletscherzungen des Hardangerjøkullen

Eine der Gletscherzungen

Zwischen Finse und Myrdal

Straßenbrücke knapp vor Bergen

Bergen – Bahnhofshalle

Häuserfront von Brygge – UNESCO-Weltkulturerbe

Bergen – Häuserfront von Brygge

Fischmarkt von Bergen

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